Diagnose der chronischen Nierenerkrankung (CKD)

Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um den Verlauf der Nierenerkrankung zu beeinflussen. Ein Blick auf die Nierenparameter lässt eine nachlassende Nierenfunktion frühzeitig erkennen und schützt auch andere Organe vor Folgeschäden. Bei allen Risikogruppen wird ein systematisches Screening einmal jährlich empfohlen.

 

Nierenparameter prognostizieren Risiko: eGFR und UACR

Grafik 2: Progressionsrisiko: sinkende eGFR und/oder steigende Proteinurie (4).

Gemäß der KDIGO Leitlinie (Kidney Diseases – Improving Global Outcomes) wird das Ausmaß der chronischen Nierenerkrankung über wiederholte Messung der geschätzten glomulären Filtrationsrate (eGFR) und/oder Albuminausscheidung (UACR: Urine-Albumin-Creatinine-Ratio) ermittelt. Die Einteilung erfolgt über fünf eGFR und drei Albuminurie Stadien (4, Grafik 2).

Die Verschlechterung der Nierenleistung ist von beiden Messwerten abhängig. Während der eGFR Wert Aufschluss über die Filtrationsrate gibt, können anhand der Albuminurie strukturelle Veränderungen festgestellt werden. Bei einer anhaltenden eingeschränkten eGFR unter 60ml/min/1,73 m2 und/oder einer anhaltenden Albuminausscheidung von mehr als 30mg/g pro Tag über den Harn spricht man von einer chronischen Nierenerkrankung (12). Die eGFR wird im Serum gemessen und ist abhängig vom Serum-Kreatinin, Geschlecht, Ethnie und Alter des Patienten (13). Für die Berechnung der eGFR fließen diese Faktoren in die empfohlene Berechnungsformel, die CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration), ein. Diese Berechnungsmethode ermöglicht eine präzise Einstufung der Nierenleistung bei eGFR Werten <60ml/min/1,73m2 (14).

Eine renale Schädigung kann allerdings schon bei einer mäßig eingeschränkten eGFR von über 60ml/min/1,73m2 vorliegen (15). Um diese zu erkennen, bedarf es der zusätzlichen Messung von Harnparametern wie der UACR. Für diesen sensitiven Verlaufsparameter wird in einer Spontanurinprobe Kreatinin und Albumin bestimmt. Die Messung des UACR-Wertes liefert einen zuverlässigen Hinweis auf eine Nierenschädigung und ermöglicht eine frühzeitige Diagnose, um die Krankheitsprogression zu verhindern. Bei Vorliegen von Risikofaktoren empfiehlt es sich daher, einmal jährlich neben eGFR auch die UACR zu beobachten.

Der UACR Wert als früherer Prädiktor sowohl für renale als auch kardiovaskuläre Erkrankungen

PatientInnen mit chronischer Nierenerkrankung haben ein hohes Risiko für Herzinsuffizienz und kardiovaskulären Tod (16). Für beide Krankheiten ist eine frühe Diagnose von großer Wichtigkeit. Die Bedeutung renaler Parameter für die Abschätzung des kardiovaskulären Risikos wurde in einer großen Metaanalyse aufgezeigt (17, Grafik 3). Dabei korrelierten sowohl eGFR als auch UACR mit kardiovaskulärer Mortalität, wobei die Albuminurie der frühere Prädiktor ist. Insbesondere PatientInnen mit Diabetes und Bluthochdruck und normaler eGFR profitieren von der sensitiveren Risikoprognose des UACR-Wertes.

Legende: CV-Mortalität (kardiovaskuläre Sterblichkeit), HF (Heart Failure), HR (Hazard Ratio); Grafik 3: Korrelation von eGFR und UACR mit kardiovaskulärem Tod (17). Adaptiert nach Matsushita K et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2015;3:514-525; Fox CS et al. Lancet 2012;380:1662-1673 (18);

 

Screening Diagnose: Blutabnahme und Harnbefund

Bei PatientInnen mit einem oder mehreren Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Typ-2- Diabetes, Übergewicht, oder Herzerkrankungen wird neben der eGFR die jährliche Bestimmung der Albuminurie als Screeningmethode empfohlen. Sowohl eGFR als auch UACR sind unabhängig voneinander wichtig in Hinblick auf ihre Vorhersagekraft für Nierenschäden, kardiovaskuläre Ereignisse und Mortalität. Durch die frühzeitige Diagnose können Erkrankungs- und in weiterer Folge Sterbefälle verhindert werden. (1, 17, 19)

 

Erstdiagnose in Frühstadium mittels Bestimmung der Nierenparameter eGFR und Albuminurie

Die österreichische Diabetesgesellschaft (ÖDG) empfiehlt in ihren Leitlinien bei Diabetes folgendes Screening:

  • jährliche Albuminuriemessung aus dem Spontanharn, erstmals fünf Jahre nach Erstdiagnose von Typ-1-Diabetes
  • jährliche Albuminuriemessung aus dem Spontanharn erstmals bei Diagnose von Typ-2-Diabetes
  • regelmäßige eGFR Bestimmung, vor allem bei Typ-2-Diabetes

Bei zwei positiven Testresultaten bzw. bei bereits vorhandener diabetischer Nierenerkrankung werden engmaschigere Kontrollen zwei bis vier Mal jährlich empfohlen (20).

CKD kurz erklärt - Antworten auf häufig gestellte Fragen


Literatur:

  1. https://nephrologie.at/wp-content/uploads/Zukunftsbericht_Nephrologie.pdf
  2. Ponte B. et al. Nephrol Dial Transplant. 2013; 28:2329-2339; GBD Chronic Kidney Disease Collaboration, Lancet, 2020;395(10225);709-733
  3. Ryan TP et Chronic kidney disease prevalence and rate of diagnosis. Am J Med 2007; 120(11):981–6
  4. Adaptiert nach Early CKD Identification and intervention in primary care (https://www.theisn.org/wp-content/uploads/2022/11/One-Page-Print-Out.pdf (Zugriff 21.12.22)) sowie de Boer et al. 2022 Diabetes Care 2022;45(12):3075–3090Fußnote: ‡ Urinsedimentanomalien, Elektrolytveränderungen aufgrund von tubulären Störungen, histologische Anomalien der Nieren, Strukturanomalien dokumentiert mittels bildgebender Verfahren (z. B.: polyzystische Nieren, Refluxnephropathie ) oder eine Nierentransplantation in der Vorgeschichte.
  5. James SL et al. Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 354 diseases and injuries for 195 countries and territories, 1990–2017: A systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet 2018; 392(10159):1789–858.
  6. Unter Patronanz der ÖGN & ÖDG: Consensus Statement Nephropathie und Diabetes Mellitus in Supplementum Österreichische Ärztezeitung, Aug. 2016, p. 2 https://www.oedg.at/pdf/CS_DNP_08_2016.pdf (zuletzt abgerufen am 29.9.2022)
  7. https://oedtr.i-med.ac.at/jahresberichte/ (zuletzt abgerufen am 03.2022)
  8. Shiba N, Shimokawa H. Chronic kidney disease and heart failure–Bidirectional close link and common therapeutic goal. J Cardiol 2011; 57(1):8–17.
  9. Dalrymple LS et Chronic Kidney Disease and the Risk of End-Stage Renal Disease versus Death. J GEN INTERN MED 2011; 26(4):379–85.; Go AS et al. Chronic kidney disease and the risks of death, cardiovascular events, and hospitalization. ACC Current Journal Review 2004; 13(12):13.
  10. Bikbov B et Global, regional, and national burden of chronic kidney disease, 1990– 2017: A systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet 2020; 395(10225):709–33.
  11. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Chronic Kidney Disease in the United States, 2019; 2019 [cited 2020 Dec 11]. Available from: URL: https://cdc.gov/kidneydisease/publications- resources/2019-national-facts.html.
  12. Kidney Reasearch Stages of kidney disease [cited 2019 Mar 11]. Available from: URL: https://www.kidneyresearchuk.org/health-information/stages-of-kidney-disease
  13. https://nephrologie.at/wp-content/uploads/oegn_medizinische-grundlagen- untersuchungsmethoden-zur-fruehdiagnostik-von-chronischen-nierenerkrankungen.pdf
  14. Levey AS, Stevens LA, Schmid CH et al, A New Equation to Estimate Glomerular Filtration Rate, Ann Intern Med. 2009; 150: 604-612.
  15. Girndt M et al. The Prevalence of Renal Failure. Results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults, 2008-2011 (DEGS1). Dtsch Arztebl Int 2016; 113(6):85–91.
  16. Segall L et al. Heart failure in patients with chronic kidney disease: A systematic integrative review. Biomed Res Int 2014; 2014:937398.; House AA et al. Heart failure in chronic kidney disease: Conclusions from a Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Controversies Conference. Kidney Int 2019; 95(6):1304–17.
  17. Matsushita K et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2015;3:514–525;
  18. Fox CS et al. Lancet 2012;380:1662–1673.
  19. Wien Klin Wochenschr (2019) 131 [Suppl 1Diabetes-mellitus-Anleitungen-fuer-die- Praxis-2019.PDF (oedg.at) https.//oedtr.i-med.ac.at/jahresberichte/]: S.1-S5 https://doi.org/10.1007/s00508-019-1482-9 Springer Medizin Volume 131/Supplement 1, 2019 Diabetes-mellitus-Anleitungen-fuer-die-Praxis-2019.PDF (oedg.at)
  20. www.gesundheit.gv.at/leben/gesundheitsvorsorge/vorsorgeuntersuchung/inhalt

PP-KER-AT-0119-1-2023-03
AT-8666 03/2023